25.09.2019 17:17 Alter: 5 yrs
Kategorie: Deutsch

Büchner-Preisträger Martin Mosebach liest an der Ernst-Ludwig-Schule


Deutschlehrer Dr. Rainer Hackel und seiner langjährigen Bekanntschaft mit dem Schriftsteller Martin Mosebach war es zu verdanken, dass die Ernst-Ludwig-Schule den prominenten Georg-Büchner-Preisträger für eine Lesung gewinnen konnte. Es hatten sich etwa 130 Schülerinnen und Schüler der Oberstufe sowie Lehrkräfte zu der Veranstaltung am 23. 9. 19 eingefunden, die ein Höhepunkt in der Geschichte der Ernst-Ludwig-Schule ist.
Nachdem Schulleiterin Brigitte Jung-Hengst Mosebach begrüßt hatte, las der Autor aus seinem 2007 erschienenen Roman „Der Mond und das Mädchen“. Ähnlich wie die Protagonisten des Romans würden vielleicht auch bald die anwesenden Schülerinnen und Schüler in einer fremden Stadt ein neues Leben beginnen und sich ungeahnten Gefährdungen ausgesetzt sehen – wie etwa einem Ehebruch. Der Basler Platz in Frankfurt, wo Mosebachs Roman spielt, ist zwar eine denkbar unwirtliche Gegend, doch erzählt der Autor die Hinterhof-Geschichte in einer so wunderbar schwerelos-schwebenden Prosa, dass man als Leser am Ende in das Haus einziehen möchte. Die Schüler jedenfalls hingen an Mosebachs Lippen und lauschten dem Autor gebannt.
Nach der Lesung kam Mosebach mit den Schülern in ein Gespräch, das gelungener war als so manches Interview des Schriftstellers mit Literaturkritikern. So ging es etwa um die Frage nach der Absicht, die Mosebach mit dem Roman verfolge. Der Autor war allerdings genauso ratlos wie die Schüler: Hätte der Roman eine Intention, die sich auf den Punkt bringen lasse, hätte er ihn nicht geschrieben. Der Reiz eines Kunstwerks bestehe gerade in seiner Mehrdeutigkeit. Eine andere Frage zielte auf Mosebachs konservative Einstellung, die zuweilen kritisiert werde. Auch hier erwiderte der Autor schlagfertig, dass „konservativ“ für ihn kein Schimpfwort sei. Im Gegenteil: Schon die Sprache sei ihrem Wesen nach konservativ. Auch sei es seiner Meinung nach falsch, in Romanen Geschlechterrollen einseitig im Sinne der herrschenden Gender-Ideologie darzustellen, sei doch die gesellschaftliche Realität wesentlich differenzierter.
Martin Mosebach nahm die Fragen der Schüler ernst und beantwortete sie ausführlich und präzise. Und die Schülerinnen und Schüler waren dankbar für die Begegnung mit einem Autor von Rang, der sie nicht etwa belehrte, sondern seine Lebenserfahrung und seine Ansichten über den Beruf des Schriftstellers mit ihnen teilte.

Dr. Rainer Hackel
Foto: Frank Weber