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Deutsche Sprache, schwere Sprache – ach woher!
Sprachwissenschaftler räumt als Gastredner mit Vorurteilen zur deutschen Sprache auf und unterhält auf humorvolle Art in einer Abendveranstaltung an der Ernst-Ludwig-Schule
Vorurteile zur deutschen Sprache gibt es viele. Diese lässt Professor Dr. Roland Kaehlbrandt nicht gelten. Mit seinem Buch »Deutsch – eine Liebeserklärung« hat der Sprachwissenschaftler einige hartnäckige Vorurteile entkräftet und hierfür große Medienresonanz erhalten. An der Ernst-Ludwig-Schule gab der Professor kürzlich dem Publikum erstaunliche Einblicke in die deutsche Sprache.
Im Laufe des Abends beantwortete der Bestsellerautor die Fragen von Moderatorin Sandra Wolf und erläuterte verschiedene Aspekte der deutschen Sprache näher. Dabei kam ein innovatives Format zum Tragen, bei dem sich dieTalkrunde mit Sandra Wolf und der Vortrag aus seinem Buch abwechselte. Hierbei bezog er auch das Publikum ein. Als es um Ideen für einen deutschen Ausdruck des »public viewing« ging, sorgte ein besonders kreativer Vorschlag aus dem Publikum für große Erheiterung: das »Hordenglotzen«.
Seine »Liebeserklärung an die deutsche Sprache« sei notwendig gewesen, da ihn die vielen Vorurteile, dass Deutsch umständlich, unmelodisch, schwer und barsch klinge, geärgert hätten. Deutsch sei keineswegs schwer; die Wortbildung – verglichen mit Lego-Technik – ermögliche ein »unglaublich differenziertes Vokabular«.
Auf die Frage, ob der Wortschatz stetig wachse, verwies Kaehlbrandt auf die unendlich große Zahl neuer Fachwörter. Andere Wörter verschwänden, was bedauerlich sei.
Oft als unnötig bezeichnete Füllwörter seien eine Besonderheit des Deutschen, da sie feine Abtönungen ermöglichten und die Kommunikation förderten. Der komplexe Satzbau sei sehr flexibel und nuancenreich. Insbesondere erwähnte Kaehlbrandt die Verbklammer und verwies auf Thomas Mann bzw. seinen meisterhaften Umgang mit dem deutschen Satz.
Auf die Frage nach der Veränderung der deutschen Sprache erkannte der Autor insbesondere in der Stilistik großes Veränderungspotential. Der Trend gehe zum Niederschwelligen. In den letzten Jahren seien zahlreiche Kurzformen wie »mega«, »voll«, »übelst« und Kurzsätze entstanden, die komplexe Sachverhalte kurz darstellten: »Aber sowas von« oder »Das geht gar nicht«. Auch neue Satzformen wie »Wie blöd ist das denn? « oder »Das ist voll der nervige Umweg« zeigten, dass Deutsch schnell, kurz und ironisch sein kann.
Als Überraschungsgäste stellten zwei Abiturientinnen der ELS, Ida Wensing und Lynn Schipper, in einer Schnellfragerunde Fragen zu sozialen Netzwerken und künstlicher Intelligenz und zeigten dabei großes sprachliches Talent.
Den Abschluss bildete die Prämierung des Deutsch-Wettbewerbs »KI oder Genie« durch die Fachsprecher Deutsch. Die Teilnehmer sollten dabei erkennen, ob sechs Texte von Menschenhand geschrieben oder KI-generiert waren. Als Preise winkten Buchgutscheine.
Insgesamt war es ein rundum gelungener Abend – lehrreich und heiter. Alle sind gespannt auf Kaehlbrandts nächstes Buch, das bereits in Arbeit ist, und freuen sich auf seine nächste Veranstaltung, gerne wieder an der ELS.